Kommentar zu der ARTE- Dokumentation "Tabu Intersexualität - Menschen zwischen den Geschlechtern" von Dr. Britta Julia Dombrowe
Geht es hier eigentlich um Menschenrechte für Zwitter, Hermaphroditen, Intergeschlechtliche, oder um die Frage, wie diese Perversen defekten Mutanten und ihr gestörtes Dasein (pseudo)wissenschaftlich handhabbar gemacht und in der Folge ausradiert werden können?
Klar Letzteres.
Wie erklärt der Hirnforscher was ein männliches oder weibliches Gehirn ist? Mit sozialer Prägung und Kultur.
Wie rechtfertigt der Chirurg frühkindliche genitale Normierungen und Verstümmelungen an Inter*-Babys? Mit der gesellschaftlichen Grausamkeit gegenüber dem Unbekannten.
Klingelt es da nicht langsam?
Die Antworten rund um Fragen zu Intergeschlechtlichkeit liegen nicht in den Naturwissenschaften oder im Operationssaal!
Gesundheitliche Risiken und spezifische Probleme von Inter* sind genauso real wie gesundheitliche Risiken und spezifische Probleme von Männern und Frauen.
Statt dass die Frage lautet, wie wir Inters* helfen können, gesund und selbstbestimmt in unserer Gesellschaft zu leben, so dass sie ihre Potentiale voll entfalten und einen Beitrag wie jeder andere Mensch in unserer Kultur leisten können, wird immer wieder gefragt, wie diese "Störungen" zustande kommen und auf welchem Gen der "Defekt" liegt, welche Umwelteinflüsse dazu führen, dass es immer mehr von diesen Mutanten gibt und wie wir sie (bis wir den genetischen Ausschalter gefunden haben) besser in eines der zwei anerkannten Geschlechter zurichten können, mittels Medikamente, Hormone und Chirurgie?
Millionen Euro an Forschungsgeldern fliessen in die vermeintliche Beantwortung solcher Fragestellungen, und nicht etwa in die Arbeit für den Schutz der Menschenrechte, der Förderung unterstützender sozialer Strukturen und der kulturellen Aufarbeitung der Tatsache, dass Hermaphroditen in unserer Gesellschaft schon immer existiert haben.
(Für die Vernichtung von Forschungsgeldern könnten sich Herr Hiort und Kollegen vielleicht folgendem Streben nach mehr Zufriedenheit widmen und uns Hermaphroditen endlich in Ruhe lassen: http://www.youtube.com/watch?v=c-3nOLTI26U )
Die Doku ist sich auch nicht zu schade, sich an den medialen Spekulationen und Diffamierungen um Caster Semenya und ihrem Geschlecht zu beteiligen. Bisher hat sich weder Frau Semenya noch der IOC zu den Ergebnissen der Tests öffentlich geäussert - aus gutem Grund, denn es ist ihre Privatangelegenheit!
Der einzige Lichtblick, das Portrait von Inge und ihrer großartigen Eltern, schafft es leider auch nicht, den pathologisierenden Haupttenor dieser überflüssigen Dokumentation zu retten.
Zwischen den glatten, computeranimierten Visualisierungen glitzernder Enzyme, die auf transparente Zellen treffen oder den stilisierten Genitalien, die in Zeitraffer mutieren, wird Inges Familie vorgestellt, die in der Praxis genau das leben, was sich die Naturwissenschaftler und Mediziner, Chirurgen und Ärzte in ihren eigenen normverhafteten Ansichten nicht vorstellen können: ein Inter*kind großzuziehen, mit Liebe, Respekt und ganz offen, und die Umwelt hat offenbar kein Problem damit, ebenso wenig wie die anderen Kinder in Inges Welt.
Statt Reflektion und einer tiefergehenden Betrachtung der kulturellen Umstände, die den seit den 1950iger Jahren andauernden vernichtenden Zugriff auf intergeschlechtliche Menschen zulassen, umrundet die Kamera lieber noch ein weiteres Mal die alten griechischen Statuen mythologischer Hermaphroditenkörper, ein saftiger Blick in den Schritt hoch zu dem marmornen Drüsengewebe, um das Kopfkino des unterforderten Zuschauers zu bedienen.
Liebe Medienmachende - ES REICHT!
Wers unbedingt nochmal sehen muss:
Wiederholung am 16.10.2010 um 13:00 auf ARTE und angeblich bald online zu sehen.
Klar Letzteres.
Wie erklärt der Hirnforscher was ein männliches oder weibliches Gehirn ist? Mit sozialer Prägung und Kultur.
Wie rechtfertigt der Chirurg frühkindliche genitale Normierungen und Verstümmelungen an Inter*-Babys? Mit der gesellschaftlichen Grausamkeit gegenüber dem Unbekannten.
Klingelt es da nicht langsam?
Die Antworten rund um Fragen zu Intergeschlechtlichkeit liegen nicht in den Naturwissenschaften oder im Operationssaal!
Gesundheitliche Risiken und spezifische Probleme von Inter* sind genauso real wie gesundheitliche Risiken und spezifische Probleme von Männern und Frauen.
Statt dass die Frage lautet, wie wir Inters* helfen können, gesund und selbstbestimmt in unserer Gesellschaft zu leben, so dass sie ihre Potentiale voll entfalten und einen Beitrag wie jeder andere Mensch in unserer Kultur leisten können, wird immer wieder gefragt, wie diese "Störungen" zustande kommen und auf welchem Gen der "Defekt" liegt, welche Umwelteinflüsse dazu führen, dass es immer mehr von diesen Mutanten gibt und wie wir sie (bis wir den genetischen Ausschalter gefunden haben) besser in eines der zwei anerkannten Geschlechter zurichten können, mittels Medikamente, Hormone und Chirurgie?
Millionen Euro an Forschungsgeldern fliessen in die vermeintliche Beantwortung solcher Fragestellungen, und nicht etwa in die Arbeit für den Schutz der Menschenrechte, der Förderung unterstützender sozialer Strukturen und der kulturellen Aufarbeitung der Tatsache, dass Hermaphroditen in unserer Gesellschaft schon immer existiert haben.
(Für die Vernichtung von Forschungsgeldern könnten sich Herr Hiort und Kollegen vielleicht folgendem Streben nach mehr Zufriedenheit widmen und uns Hermaphroditen endlich in Ruhe lassen: http://www.youtube.com/watch?v=c-3nOLTI26U )
Die Doku ist sich auch nicht zu schade, sich an den medialen Spekulationen und Diffamierungen um Caster Semenya und ihrem Geschlecht zu beteiligen. Bisher hat sich weder Frau Semenya noch der IOC zu den Ergebnissen der Tests öffentlich geäussert - aus gutem Grund, denn es ist ihre Privatangelegenheit!
Der einzige Lichtblick, das Portrait von Inge und ihrer großartigen Eltern, schafft es leider auch nicht, den pathologisierenden Haupttenor dieser überflüssigen Dokumentation zu retten.
Zwischen den glatten, computeranimierten Visualisierungen glitzernder Enzyme, die auf transparente Zellen treffen oder den stilisierten Genitalien, die in Zeitraffer mutieren, wird Inges Familie vorgestellt, die in der Praxis genau das leben, was sich die Naturwissenschaftler und Mediziner, Chirurgen und Ärzte in ihren eigenen normverhafteten Ansichten nicht vorstellen können: ein Inter*kind großzuziehen, mit Liebe, Respekt und ganz offen, und die Umwelt hat offenbar kein Problem damit, ebenso wenig wie die anderen Kinder in Inges Welt.
Statt Reflektion und einer tiefergehenden Betrachtung der kulturellen Umstände, die den seit den 1950iger Jahren andauernden vernichtenden Zugriff auf intergeschlechtliche Menschen zulassen, umrundet die Kamera lieber noch ein weiteres Mal die alten griechischen Statuen mythologischer Hermaphroditenkörper, ein saftiger Blick in den Schritt hoch zu dem marmornen Drüsengewebe, um das Kopfkino des unterforderten Zuschauers zu bedienen.
Liebe Medienmachende - ES REICHT!
Wers unbedingt nochmal sehen muss:
Wiederholung am 16.10.2010 um 13:00 auf ARTE und angeblich bald online zu sehen.
Nikanj - 9. Okt, 12:30